Dr. Thorsten Koletschka | May 9 2024
Christoph Niebel ist ein Pionier auf dem Gebiet moderner Arbeitsplanung und ein Verfechter des Open Talent Ökosystems. Zu seinen jüngsten Stationen auf seinem international geprägten Lebenslauf zählt Global President und Business Unit CEO von Pontoon, eines der führenden Unternehmen im Bereich Personallösung und Arbeitsorganisation.
In der ersten Folge unserer neuen Interview-Serie erklärt er im Gespräch mit Thorsten Koletschka von Magnit, warum und wie die Arbeitswelt von einer veränderten Denkweise profitieren kann.
Im Anschluss sind Christoph Niebels Insights zusammengefasst. Wenn Sie seine inspirierenden Gedanken verfolgen möchten, schauen Sie sich das Video hier an.
Was versteht Chistoph Niebel eigentlich unter Worktopia? Gemäß seiner persönlichen Definition ist es eine Welt, in der man die Arbeit liebt. Statt den Ruhestand als ein himmlisches Paradies zu betrachten, das der Zeit der „höllischen“ Arbeit folgt, sollten wir die Dinge umdrehen. Und das sollte für alle Arbeitsverhältnisse gelten, nicht nur für Festangestellte. Für Christoph Niebel sind wir noch weit von diesem Wunschzustand entfernt. Doch woran hakt’s?
„Traditionelle Arbeitsmodelle, die auf starren Organisationsstrukturen und oft auf einer festen Belegschaft basieren, entsprechen weder den dynamischen und auch flexiblen Anforderungen der heutigen Wirtschaft noch den Menschen.“
Gerade die Digitalisierung, die Globalisierung und der Wunsch nach mehr Flexibilität und Sinnhaftigkeit im Berufsleben haben zu einer grundlegenden Veränderung geführt. All das macht es erforderlich, Arbeit neu zu denken.
Viele Personalleiter:innen denken bei Belegschaft immer zuerst an Festangestellte und wissen oft gar nicht, wie viele externe Mitarbeitende sie beschäftigen. Personalvorstände sprechen dabei oft von einem harten Kern (Festangestellte) und einem weichen Kern (externes Personal) des Unternehmens. Dabei macht der harte Kern bei größeren Konzernen oft nur einen kleinen Teil des viel umfangreicheren, weichen Kerns aus. Dieser Mangel an Visibilität bedeutet, dass viele Personaler:innen das Potenzial und die Fähigkeiten der gesamten Belegschaft nicht erkennen und folglich nicht ausreichend ausschöpfen. Wer dagegen Personal in seiner Gesamtheit betrachtet, kann diesen Mehrwert komplett nutzen.
Wie unterscheidet sich die Rolle des neuen Chief Human Resources Officers (CHRO) von der eines klassischen Personalvorstands oder einer klassischen Personalleiterin?
„Der neue Personalvorstand fokussiert sich zum einen stärker auf strategische Geschäftsziele und nicht nur auf HR-Programme. Zum anderen nutzt ein CHRO Daten und Tech zur Entscheidungsfindung und zur Entwicklung eines offenen Talentökosystems.“
Statt sich also ausschließlich auf die Verwaltung von internen Mitarbeitenden zu konzentrieren, orchestrieren die neuen CHROs die gesamte Bandbreite von Talenten, einschließlich Freelancer, externer Arbeitskräfte und Berater:innen, um auf flexible Geschäftsanforderungen reagieren zu können. Und da ist noch viel Luft nach oben, denn in der Realität sagen viele klassische Personalleiter:innen einfach: „Das ist doch gar nicht mein Job.“
Seit der Pandemie sind flexible Arbeitsmodelle in aller Munde. Auch die zunehmende Digitalisierung beschleunigt Hybrid Work. Während Unternehmen aufgrund von erhöhter Automation Effizienzpotenziale erkennen, spielen nun auch externe Fach- und Führungskräfte eine immer wichtigere Rolle. „Sie ermöglichen es Unternehmen, agiler zu arbeiten und auf Veränderungen schneller zu reagieren.“ Damit einher geht auch die Notwendigkeit, stärkeren Fokus auf spezifische Kenntnisse und Aufgaben statt auf starre hierarchische Strukturen zu legen.
Gefragt ist eine neue, viel agilere Arbeitsweise, die nicht auf feste Jobrollen setzt, sondern auf Skills, die zur Erledigung der Aufgaben erforderlich sind. So können Unternehmen Arbeitskräfte flexibler einsetzen und die Fähigkeiten des einzelnen Menschen optimal nutzen. Das trägt einerseits zur Steigerung der Produktivität und der Effizienz bei. Andererseits fördert dieser Wandel auch die Kultur der Zusammenarbeit und den Wissensaustausch, da Mitarbeitende in verschiedenen Projekten und Teams besser zusammenarbeiten können. All das erfordert eine Neugestaltung von vielen Prozessen und Strukturen sowie die Umschulung der Mitarbeitenden. Natürlich verursacht die Koordination dieser Weiterbildung auch Kosten. Es geht darum, „Herausforderung anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um diese Umstellung bei der Führung von Arbeit erfolgreich anzugehen.“
Immer mehr Unternehmen streben angesichts dieser Entwicklungen nach Total Talent Management, der Steuerung sämtlicher Talent-Ressourcen. Dieser gesamtheitliche Ansatz betrachtet viele konventionelle Strukturen in einem neuen Licht. „Anstatt beispielsweise viel
Geld für Outplacement und Abfindungen auszugeben, lohnt es sich, in Neubeschäftigung zu investieren”, so Christoph Niebel. Etwa durch einen Onboarding- oder Coaching-Prozess, der Skills und Fähigkeiten analysiert, um individuelle Arbeitskräfte besser einsetzen zu können. All das erfordert eine neue Herangehensweise: „Wir sollten Talent nicht als ersetzbar, sondern als erneuerbar sehen.“ Natürlich ist das nur ein kleiner, aber nicht zu unterschätzender Teil des Total Talent Management Ansatzes, der ganz im Zeichen des von Christoph Niebel geforderten neuen Denkens steht.
Weitere konkrete Beispiele, wie diese neue Herangehensweise rund um die Arbeit spannende, innovative Möglichkeiten für alle Stakeholder eröffnet, erläutert Christoph Niebel hier im Video.
Haftungsausschluss: Dieser Blog dient nur zu Informationszwecken und kann nicht als Rechtsberatung oder als Ersatz für eine Rechtsberatung ausgelegt werden. Der Blog spiegelt die Meinung von Magnit wider und ist nicht als juristische Lösung oder Position zu verstehen. Wenn Sie eine spezielle Beratung und Anleitung für bestimmte Probleme oder Fragen benötigen, wenden Sie sich bitte an einen Anwalt.